
Es gibt Tage, da sitze ich mit meinem Sohn am Schreibtisch, der Bleistift fliegt durch die Luft, die Tränen kullern – und ich frage mich, ob Hausaufgaben wirklich gut fürs Leben sind. Vielleicht kennst du das auch: Nach einem langen Schultag ist die Energie im Keller, das Kind ist müde, hungrig oder einfach überfordert – und trotzdem wartet dieser Stapel Hefte.
Früher habe ich versucht, mit Druck und Appellen an die Vernunft zu arbeiten. „Wenn du jetzt nicht anfängst, dann…“ – du kennst den Rest. Es hat nie funktioniert. Stattdessen wurde der Schreibtisch zum Schlachtfeld, die Hausaufgaben zum Symbol unseres täglichen Machtkampfes.
Mit der Zeit – und viel Geduld – habe ich ein paar Dinge gelernt, die unseren Alltag verändert haben:
- Rituale schaffen statt kämpfen
Ich habe gemerkt, dass Kinder (und ehrlich gesagt auch ich) Routinen brauchen. Bei uns gibt es jetzt eine feste „Hausaufgaben-Zeit“ – nach einer kleinen Snackpause und etwas frischer Luft. Keine Diskussion mehr wann, nur noch wie. Das hat erstaunlich viel Ruhe gebracht.
- Kleine Erfolge groß feiern
Früher habe ich immer nur darauf geachtet, was noch fehlt. Jetzt achte ich darauf, was schon geschafft ist. Ein Haken auf der To-do-Liste, ein „Wow, du hast dich richtig konzentriert!“ – das wirkt Wunder. Motivation entsteht durch Erfolg, nicht durch Kritik.
- Verstehen statt belehren
Oft ist der Widerstand gegen Hausaufgaben kein Trotz, sondern Überforderung. Wenn mein Kind beim Rechnen plötzlich blockiert, hilft kein „Du weißt das doch!“. Ich setze mich dann daneben, atme tief durch (manchmal mehrmals), und wir versuchen gemeinsam herauszufinden, wo es hakt.
- Bewegung und Pausen sind keine Zeitverschwendung
Ich habe gelernt, dass Lernen nicht nur am Schreibtisch passiert. Manchmal kommt die Lösung für ein schwieriges Matheproblem beim Trampolinspringen oder Spazierengehen. Kinder brauchen Bewegung, Sauerstoff und Abstand – genauso wie wir Erwachsenen.
- Vorbild sein – auch wenn’s schwerfällt
Ich habe gemerkt: Wenn ich selbst am Handy hänge, während mein Kind lernen soll, sendet das die falsche Botschaft. Jetzt mache ich in dieser Zeit oft meine eigenen „Hausaufgaben“ – bezahle Rechnungen, plane die Woche oder lese etwas. So entsteht ein Gefühl von gemeinsam lernen, nicht von du musst, ich nicht.
Natürlich läuft nicht jeder Nachmittag harmonisch. Es gibt immer noch Tränen (manchmal auch meine). Aber die Kämpfe sind weniger geworden, und das Lernen fühlt sich nicht mehr wie eine Strafe an.
Ich glaube, der wichtigste Schritt war, meine Haltung zu ändern: Hausaufgaben sind nicht der Feind, sondern eine Gelegenheit, Geduld, Selbstständigkeit und Vertrauen zu üben – bei meinem Kind und bei mir selbst.
Und wenn es gar nicht läuft? Dann gibt’s bei uns manchmal einfach einen Spaziergang, ein Kakao und den Satz: „Morgen ist auch noch ein Tag.“